ctp 3.2 Gastspiel #paradies#karibik

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Gastspiel ctp 3.2 #paradies#karibik

Eine Annäherung an den Kulturraum Karibik mit Mitteln des Objekttheaters

Ruhrfestspiele Recklinghausen

1. Mai 2014, 14h und 17h

zum Stück:

Auf einem Kreuzfahrtschiff entkommt ein europäisches Paar seinem unbefriedigenden Alltag in der Großstadt – aber was sie auf der Reise erwartet, ist nicht das erträumte Paradies, sondern eine komplexe Wirklichkeit, wo das Wetter anstrengt, die Kultur ungewohnt ist und die Natur Angst macht. Nur das Sich – Einlassen auf einen Menschen gibt ihnen eine Ahnung von dem einzigartigen sozialen und kulturellen Gefüge des karibischen Kulturraumes.

„Es gibt eine berühmte Novelle von E.T.A. Hoffmann, Der Sandmann, in der der Protagonist, Nathanael, sich in eine Puppe, Olimpia, verliebt – aus dem Stoff hat Jaques Offenbach später die bekannte Oper Les Contes d ́Hoffmann geschaffen, in deren Inszenierungen die Darstellung der Puppe Olympia immer eine besondere Herausforderung darstellt. Ich lese mal aus der Novelle:

„… Er ergriff ein kleines, sehr sauber gearbeitetes Taschenperspektiv und sah, um es zu
prüfen, durch das Fenster. Noch im Leben war ihm kein Glas vorgekommen, das die Gegenstände so rein, scharf und deutlich dicht vor die Augen rückte. Unwillkürlich sah er hinein in Spalanzanis Zimmer; Olimpia saß wie gewöhnlich vor dem kleinen Tisch, die Arme darauf gelegt, die Hände gefaltet. – Nun erschaute Nathanael erst Olimpias wunderschön geformtes Gesicht. Nur die Augen erschienen ihm gar seltsam starr und tot. Doch wie er immer schärfer und schärfer durch das Glas hinschaute, war es, als gingen in Olimpias Augen feuchte Mondesstrahlen auf. Es schien als wenn nun erst die Sehkraft entzündet würde; immer lebendiger und lebendiger flammten die Blicke. Nathanael lag wie festgezaubert im Fenster, immerfort und fort die himmlisch schöne Olimpia betrachtend….“  E.T.A. Hoffmann, Der Sandmann

Der Protagonist verliebt sich also in die mechanische Puppe, als er sie durch das „Perspektiv“ betrachtet. Man kann das verschieden deuten – ich lese darin heute auch eine Kritik an der medialen Vermittlung von allem und jedem – durch den Blick durch die Kamera wird ein Mensch erst „schön“ – durch das Posten von Inhalten in Bildern nehmen wir die Wirklichkeit erst wahr. Und das führt zum Wahnsinn! Nathanael bringt sich um am Schluss der Novelle. In der Karibik geht das (noch) anders, die Menschen sehen sich direkt an, sie suchen die Seele – in den animistischen Traditionen der Menschen der Karibik hat alles eine Seele – auch der Mensch! In unserem Projekt werden die an sich unbelebten Figuren „angesehen“ durch die Kamera, dieser Blick verändert alles – vermischt mit assoziativen, ebenfalls bildlich vermittelten Inhalten ergibt sich eine scheinbar beseelte Wirklichkeit. Und: in dieser Welt leben die Figuren gefangen – bis sie auf einen Menschen treffen. Wir wollen zeigen, wie die Welt der Figuren entsteht – und bezaubert – und wie ihr Reiz verblasst in der Begegnung mit einem Menschen. Ein Abbild von etwas ist eben doch immer weniger als das Etwas selbst.

So ist auch die bildvermittelte paradiesische Realität der Karibik verführerisch, aber viel zu verknappt. Die Karibik ist viel mehr als uns die Tourismusindustrie glauben machen will – im guten wie im schlechten Sinn. Ich weise nur mal hin auf die profunden Überlegungen von Derek Walcott über die überall fehlende Originalität im karibischen Kulturraum, entstanden durch den Genozid an den karibischen Ureinwohnern durch die Europäer und die verschiedenen zugezogenen Völker – Afrikaner, Europäer, Inder – und sein Hinweis darauf, dass diese Diversität eben gerade ein Chance ist und als Modell verstanden werden kann für die globalisierte Welt. Diesen Gedanken hat ja auch die 3. Plattform der Documenta 13 aufgegriffen mit dem Begriff der créolisation.“Aus einem Gespräch mit dem Regisseur

Performance | Nicole de Cruppé | Sebastian Becker | Patrick Joseph

Band | „Mini Calypsonians“

Set | Isabella Keldany | Annedore Schäfer

Modell (Haus) | Ruth Münzner

Video | Kai Eckhardt

Sound | Stefan Langfeld

Dramaturgie | Robert Schmidt

Produktionsleitung | Lavinia Benetti

Idee und Konzept | Zoë Hermann | Christoph M. Gosepath

Regie | Christoph M. Gosepath

Eine Produktion von club tipping point

Gefördert durch Tipping Point e.V. und Ruhrfestspiele Recklinghausen

Wir danken den Sponsoren, die unsere Arbeit ermöglicht haben.

Pressekontakt | Ruhrfestspiele Recklinghausen

Ort: Zeppelin-Saal, Ruhrfestspielhaus Recklinghausen